Anspruch auf ein gutes Zeugnis?
Der Arbeitnehmer kann von der Arbeitgeberin jederzeit ein sogenanntes Vollzeugnis verlangen, das sich über Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über seine Leistungen und sein Verhalten ausspricht (Art. 330a Abs. 1 OR). Das Bundesgericht verurteilte eine Arbeitgeberin gar zu versuchter Nötigung, weil sie den Arbeitnehmer aufforderte, zu künden und auf die Angabe der Auflösungsgründe zu verzichten mit der Androhung, ihm sonst kein Abschlusszeugnis auszustellen (BGE 107 V 35). Eine blosse Arbeitsbestätigung, welche sich auf Angaben über Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses beschränkt, darf nur auf besonderes Verlangen des Arbeitnehmers ausgestellt werden (Art. 330a Abs. 2 OR). Eine gegen seinen Willen ausgestellte Arbeitsbestätigung kann der Arbeitnehmer somit zurückweisen.
Obwohl ein Arbeitszeugnis grundsätzlich wohlwollend sein soll, findet dieses Prinzip seine Grenze an der Wahrheitspflicht, dem Verhältnismässigkeitsprinzip und dem Grundsatz von Treu und Glauben. Gerichte haben entschieden, dass der Arbeitnehmer somit keinen Anspruch auf ein vorbehaltlos positives Zeugnis hat, wenn ihm ein solches nicht zusteht. Umgekehrt kann ein Arbeitgeber zur Abgabe eines guten Zeugnisses gezwungen werden, wenn immer alles gut klappte.
Notwendiger Inhalt von Zeugnissen
Inhaltlich soll sich das Arbeitszeugnis über folgende Punkte äussern:
- Eindeutig individualisierende Angaben der Arbeitgeberin
- Personalien des Arbeitnehmers
- Beginn und rechtliches Ende des Arbeitsverhältnisses (z.B. bei Freistellung Ende der ordentlichen Kündigungsfrist)
- Üblich ist auch die Angabe der Stellenprozente
- Detaillierte Auflistung der Funktionen und Tätigkeiten des Arbeitnehmers
- Zeitdauer
- Bewertung der Arbeitsleistung und des Verhaltens
- Ausstellungsdatum und Unterschrift der Arbeitgeberin
Der Auflösungsgrund und die Angabe, wer kündigte, sind nur dann zu erwähnen, wenn der Arbeitnehmer dies verlangt. Eine Ausnahme gilt dann, wenn durch das Fehlen dieser Angabe ein unwahres Zeugnis entstehen würde, so etwa bei fristloser Entlassung wegen schweren Verfehlungen.
Do’s und Dont’s bei der Formulierung von Zeugnissen
Unzulässig sind zweideutige, täuschende Formulierungen wie beispielsweise der nur scheinbar positive Zeugniscode «Sie erledigte alle ihr zugewiesenen Arbeiten zu meiner Zufriedenheit». Eine Krankheit - auch als Kündigungsgrund - soll nur erwähnt werden, wenn sie erheblichen Einfluss auf Leistung oder Verhalten hatte. Als nicht statthaft erachtete es ein Gericht zudem, einen Arbeitnehmer als illoyal zu bezeichnen, weil er am Ende des Arbeitsverhältnisses berechtigte Überstundenforderungen geltend machte. Eine Freistellung oder sonstige Abwesenheiten dürfen gegen den Willen des Arbeitnehmers nicht erwähnt werden, es sei denn es entstünde ein falsches Bild (z.B. bei langer Abwesenheit und kurzer Anstellungsdauer).
Regeln für Referenzen
Auch Referenzen müssen der Wahrheit entsprechen. Sie dienen dazu, den vom Arbeitszeugnis vermittelten Eindruck zu vertiefen und dürfen diesem nicht widersprechen. Die Arbeitgeberin hat sich dabei an die Haupthemen Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers zu halten und darf sich nicht über dessen Privatleben äussern. Referenzen dürfen aus datenschutzrechtlichen Gründen nur erteilt werden, wenn der Arbeitnehmer zustimmt. Die Benennung einer Referenzperson in den Bewerbungsunterlagen gilt als genügende Zustimmung. Auf der anderen Seite kann sich eine Arbeitgeberin einer Anfrage um Referenzauskunft nicht entziehen, wenn dies der Arbeitnehmer wünscht. Die Arbeitgeberin kann auch für falsche Referenzauskünfte haftbar werden (BGE 4A_117/2013 vom 31.7.2013).
Ist eine Haftung für falsche Auskünfte realistisch?
Sowohl falsche, nicht erteilte oder unvollständige Arbeitszeugnisse und Referenzen können zu Schadenersatzpflicht der Arbeitgeberin führen. Einerseits kann der Arbeitnehmer gegen seine frühere Arbeitgeberin vorgehen. Er muss aber beweisen können, dass die falsche oder nicht erteilte Auskunft zur Folge hatte, dass er eine Stelle nicht bekam. Dieser Beweis ist nicht einfach zu erbringen. Das Bundesgericht bejahte die Haftung für eine stark abwertende Referenzauskunft in einem jüngeren Urteil (4A_117/2013) vom 31.07.2013. Ist der Arbeitnehmer der Auffassung, der Inhalt des Zeugnisses sei unrichtig oder unvollständig, kann er zudem beim zuständigen Gericht Berichtigungsklage einreichen. Andererseits kann eine Arbeitgeberin gegen eine frühere Arbeitgeberin vorgehen. Auch dies ist aber ein eher schwieriges Unterfangen. Das Bundesgericht bejahte die Schadenersatzpflicht in einem Fall, wo die Arbeitgeberin trotz Unterschlagung durch einen Arbeitnehmer ein sehr gutes Zeugnis ausstellte, worauf der Arbeitnehmer am neuen Arbeitsplatz gleich nochmals eine Unterschlagung beging (BGE 101 II 69).