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Kündigungsprozess: Wie es gelingt, in Würde auseinanderzugehen

Der wahre Charakter offenbart sich in Beziehungen und bei beruflichen Trennungen oftmals insbesondere am Ende. Doch vielfach ist nicht der Charakter, sondern sind schlicht Unsicherheit oder Harmoniebedürftigkeit Gründe dafür, dass Kündigungsprozesse für die Beteiligten belastend bis verstörend verlaufen.

12.01.2024 Von: Evelyn Wenzel
Kündigungsprozess

Zweifelsohne sind Kündigungen eine schwierige Aufgabe, die die wenigsten gerne übernehmen. Auch Führungskräfte sind in erster Linie Menschen und suchen positive zwischenmenschliche Beziehungen wie alle anderen auch. Kündigungen stellen für sie oftmals ebenso eine hohe emotionale Belastung dar wie für die zu kündigende Person. Dennoch gehören Kündigungsgespräche zu den Aufgaben von Führungskräften, auch wenn sie diese am liebsten vermeiden würden. Laut einer Umfrage von Kienbaum fühlen sich 70% der befragten Führungskräfte jedoch nicht ausreichend geschult, um Entlassungsgespräche zu führen, was zu Unsicherheit und emotionaler Belastung führt. Anstatt Kündigungen schnell hinter sich zu bringen, können Führungskräfte ihre Fähigkeiten im Umgang mit solchen Gesprächen entwickeln. Denn Trennungsprozesse sind Teil des Arbeitserlebens und können sich enorm auf die Arbeitgeberreputation auswirken und so positiv oder negativ nachhallen.

Würdevollen Ausklang gestalten

Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel ist es wichtig, einen würdevollen Ausklang der Beschäftigung zu ermöglichen. Dies fällt insbesondere dann schwer, wenn Mitarbeitende verhaltensbedingt triftige Kündigungsgründe geliefert haben. Da ist es menschlich durchaus nachvollziehbar, im Kündigungsprozess einen «kurzen Prozess» anzustreben und den moralischen Zeigefinger zu heben. Racheverhalten ist jedoch wie ein Bumerang, der den Weg zum Absender zurückfindet, denn es stellt beide Seiten auf die gleiche Ebene. Eine einfache Wahrheit kann hierbei helfen, professionell und freundlich zu bleiben: «Die Art, wie sich ein Mensch uns gegenüber verhält, sagt etwas über ihn aus. Die Art, wie wir darauf reagieren, sagt etwas über uns aus.»

Deshalb sollte der Kündigungsprozess so gestaltet werden, dass er das Selbstwertgefühl der betroffenen Mitarbeitenden schützt, Verunsicherung bei den verbleibenden Kollegen minimiert und dem Unternehmen keinen Schaden zufügt. Ein gelingendes Trennungsmanagement setzt bei den Bedürfnissen von Betroffenen im Trennungsprozess an. Sich diese bewusst zu machen, hilft, sich ideal darauf vorzubereiten. Laut Kienbaum stehen folgende Bedürfnisse im Trennungsmanagement im Vordergrund:

  • Fairness
  • Begegnung auf Augenhöhe
  • Transparenter Prozess
  • Nachvollziehbarkeit der Trennung
  • Wertschätzung und Respekt
  • Klare Kommunikation, Offenheit und Ehrlichkeit
  • Gut geführtes Trennungsgespräch
  • Schnelle Abwicklung
  • Akzeptable Lösung für beide Seiten
  • Professioneller Umgang
  • Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
  • Unterstützung bei der Neuorientierung (bei nicht verhaltensbedingten Kündigungen)

Die Herausforderung der Kündigung

Laut Creditreform wurden 2022 in Westeuropa 139 973 Firmeninsolvenzen registriert. Das ist ein Plus von 24,2% zum Vorjahr. Osteuropa erreichte sogar ein Plus von 53,5%. Dieser Trend setzt sich 2023 rasant fort und zieht Massenentlassungen nach sich. Viele Unternehmen stehen angesichts der weltpolitischen Lage und wirtschaftlicher Konsequenzen unter Druck und sehen sich gezwungen, Mitarbeitende zu entlassen, um das Schlimmste zu verhindern. Bei betriebsbedingten Entlassungen leiden Führungspersonen vor allem durch ihr Mitgefühl am Schicksal der Gekündigten mit. Sie stehen vor der Aufgabe, die Nachricht zu überbringen, ohne das Selbstwertgefühl der betroffenen Mitarbeitenden zu verletzen, sowie die Moral der verbleibenden Belegschaft aufrechtzuerhalten. Dies erfordert eine hohe Sensibilität, emotionale Stabilität und eine gute Vorbereitung der Gesprächsführung. Die Schwierigkeit bei Kündigungen besteht oft darin, dass Führungskräfte unsicher sind, wie sie die Nachricht überbringen sollen. Dies kann zu vermeidbarem Stress und emotionaler Belastung für alle Beteiligten führen. Es ist daher entscheidend, dass Führungskräfte auf diese schwierige Aufgabe rechtzeitig vorbereitet werden.

Die Bedeutung von Schulung und Vorbereitung

Eine angemessene Schulung oder ein Kündigungs-Coaching im Vorfeld von anstehenden Entlassungen kann Führungskräften helfen, sicherer in solchen Gesprächen aufzutreten. Sie lernen, wie man die Nachricht auf einfühlsame Weise überbringt, Fragen beantwortet und den Mitarbeitenden Unterstützung und Ressourcen anbietet, um den Übergang zu erleichtern. Führungskräfte lernen, wie sie in schwierigen Situationen ruhig und professionell bleiben, um hochkochende Emotionen zu regulieren. Die Vorbereitung sollte auch die rechtlichen Aspekte berücksichtigen, um rechtliche Konflikte zu vermeiden.

Ein respektvoller Kündigungsprozess

1. Vorbereitung

Bevor das Gespräch stattfindet, sollten Führungskräfte anhand eines Gesprächsleitfadens sorgfältig planen, was sie sagen werden. Sie sollten klare und präzise Informationen zur Verfügung haben und sich auf mögliche Fragen und Reaktionen vorbereiten. Ebenso wichtig ist das Sicherstellen idealer Rahmenbedingungen wie geschützter Raum, genügend Zeit, keine Störquellen.

2. Klare, aber einfühlsame Kommunikation

Das Gespräch sollte so kurz wie möglich und so lang wie nötig dauern. Die Nachricht sollte klar, vollständig, einfühlsam und respektvoll überbracht werden. Eine gute Vorbereitung zahlt sich aus, da sie hilft, auf den Punkt zu kommen. Mitarbeitende brauchen genug Zeit, um die Nachricht zu verarbeiten, und Führungskräfte, um darauf einzugehen. Wichtig ist ebenso nachzufassen, ob die Botschaft verstanden wurde und was das Gegenüber im Moment von der Führungskraft braucht.

3. Unterstützung anbieten

Führungskräfte können Betroffenen Unterstützung oder Anlaufstellen anbieten, um den Übergang zu erleichtern. Dies kann die Beratung hinsichtlich der Arbeitssuche, die Klärung von Abfindungsangeboten oder den Zugang zu beruflicher Weiterbildung umfassen. Auch bei verhaltensbedingten Kündigungen zahlt sich unterstützendes Verhalten am Ende aus, um trotz allem einen würdevollen Abgang zu ermöglichen.

4. Follow-up

Nach dem Kündigungsgespräch ist es wichtig, den Kontakt mit betroffenen Mitarbeitenden aufrechtzuerhalten und sicherzustellen, dass sie die benötigte Unterstützung erhalten. Manche Führungskräfte versuchen aus Selbstschutz oder Unsicherheit, Betroffenen aus dem Weg zu gehen. Dies verstärkt nur Unsicherheit auf beiden Seiten. Ein dem Arbeitsverhältnis angemessener Umgang ist auch nach der Kündigung ein wichtiger Faktor – vor allem für die verbleibenden Mitarbeitenden.

Fazit

Kündigungen sind niemals einfach. Ein respektvoller Kündigungsprozess schützt das Selbstwertgefühl der betroffenen Mitarbeitenden, minimiert Verunsicherung bei den verbleibenden Kollegen und sorgt dafür, dass die Organisation keinen Schaden erleidet.

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