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Vorstellungsgespräch: Professionelle Vorbereitung und Führung

Die Vorbereitung und die Gesprächsführung sind bei einem Vorstellungsgespräch matchentscheidend. Dieser Beitrag zeigt Ihnen, was es zu beachten gilt und welche Praktiken sich bewähren.

17.10.2022 Von: Thomas Wachter
Vorstellungsgespräch

Bewährt hat sich die Aufteilung des Vorstellungsgesprächs in zwei Einzelgespräche. Ein erster Teil wird beispielsweise durch eine Vertretung der HR-Abteilung oder der Geschäftsleitung geführt, während das zweite Gespräch durch die vorgesetzte Person erfolgt. Wichtige Voraussetzung: Die Gespräche müssen so abgesprochen sein, dass sich die Überschneidungen in Grenzen halten und die Bewerberin oder der Bewerber nicht zweimal auf die gleiche Frage antworten muss. Selbstverständlich lässt sich das Gespräch auch zu dritt führen. Damit ist meist der Zeitaufwand für die Interviewerinnen und Interviewer höher, ermöglicht aber eine gemeinsame Weiterentwicklung des Vorgehens im Interview.

Praxis-Tipp: Dem persönlichen Interview kommt erfahrungsgemäss eine Schlüsselstellung im Ausleseverfahren zu. Achten Sie darauf, dass sich mindestens zwei Personen einen Eindruck von der Eignung einer Bewerberin oder eines Bewerbers machen: Zwei Menschen sehen und hören mehr als einer.

Rahmenbedingungen Vorstellungsgespräch

Die Dauer des Interviews ist unterschiedlich. Gehen Sie von mindestens drei viertel Stunden aus. Es empfiehlt sich deshalb, in der Agenda eine Stunde zu reservieren. Die Zeit für ein einzelnes Gespräch kann kürzer sein, wenn sich verschiedene Personen nacheinander ein Bild machen. Interviews für anspruchsvollere Positionen dauern länger und nehmen ein bis zwei Stunden in Anspruch. In dieser Zeitspanne sollte es Ihnen mit ausreichend Übung möglich sein, sich ein recht genaues Bild von einem Bewerber zu machen.

Vermeiden Sie während des Gesprächs äussere Störungen durch Telefon oder Mitarbeitende so weit als möglich. Dieser Grundsatz - welcher übrigens auch für Mitarbeitergespräche gilt - ist aus Gründen der Wertschätzung gegenüber der Bewerberin oder dem Bewerber wichtig.

Die Bedeutung des Raumes und der Sitzordnung wird oft überschätzt. Es gilt Extremsituationen zu vermeiden: Während der Bewerber auf dem harten und niedrigen Schemel Platz nimmt, räkeln Sie sich gemütlich im Direktionssessel hinter einem aktenüberfüllten Pult. Ein Gespräch an einem Tisch oder in einem Sitzungszimmer ist sicher vorzuziehen. Wirklich wichtig ist die gleiche Augenhöhe. Zudem soll - sofern dies möglich ist, - eine etwas abgewinkelte Sitzordnung einer frontalen Position vorgezogen werden. Die Atmosphäre bestimmen Sie aber wesentlich durch Ihr Gesprächsverhalten: Ein «Verhör» ist auch über Eck möglich, genauso wie ein partnerschaftliches Gespräch «Auge-in-Auge».

Professionelle Gesprächsvorbereitung

Der Gesprächsvorbereitung kommt eine besondere Bedeutung zu.

Stellen Sie Ihre Fragen zu den Bewerbungsunterlagen zusammen. Sie benötigen für das Vorstellungsgespräch folgende Unterlagen:

  • Bewerbungsunterlagen                  
  • Anforderungsprofil                  
  • Persönliche Notizen mit Fragen                  
  • Checkliste Bewerbungsinterview                  
  • Firmenunterlagen                  
  • Stellenbeschreibung

Partnerschaftliche Grundhaltung

Halten Sie sich stets vor Augen, dass die Vorstellungssituation asymmetrisch ist: Die Position der Bewerberin oder des Bewerbers ist schwächer. Die Interviewerin oder der Interviewer hat durch die Leitung des Gesprächs und dem «Heimvorteil» die stärkere Position.

Praxis-Tipp: Schaffen Sie eine partnerschaftliche Situation, bei der beide Seiten prüfen, gewichten und entscheiden. Eine Fehlentscheidung nützt beiden Seiten nichts. Die richtige Entscheidung liegt durchaus im gemeinsamen Interesse.

Bewerbende als Gast behandeln

Behandeln Sie die Bewerberin oder den Bewerber als Gast - höflich und zuvorkommend. Diese im Anfang bewusst an den Tag gelegte Haltung trägt dazu bei, die asymmetrische Situation rasch zu neutralisieren und schafft die für das weitere Vorgehen notwendige Kontaktbrücke. Als Gast behandeln heisst

  • vorbereitet sein
  • Bewerbende nicht warten lassen                   
  • beim Empfang abholen                  
  • Unterstützung bieten durch ein erstes Gesprächsangebot in Form einer unverfänglichen Frage
  • sich bedanken für das Kommen und die gut dokumentierten Bewerbungsunterlagen

Das Vorstellungsgespräch führen

Lassen Sie die Bewerberin oder den Bewerber nicht im Ungewissen über Ihr Vorgehen. Informieren Sie, was Sie zeitlich und organisatorisch beabsichtigen (z.B. Länge, Struktur und Ziele des Vorstellungsgesprächs, einen Rundgang durch den Betrieb, Vorstellung bei einem bestimmten Abteilungsleiter usw.).

Ziel dieses ersten Teils des Gesprächs ist die Schaffung des Kontakts. Es ist wichtig, der Bewerberin oder dem Bewerber zu helfen, Unsicherheiten oder gar Ängste zu überwinden und Vertrauen zu fassen.

Praxis-Tipp:  Passen Sie das Vorgehen der zu besetzenden Position an: Bei ausgesprochenen Kontaktpositionen (Frontoffice, Verkauf, Aussendienst) und Führungsaufgaben kann die eigene Kontaktbemühung auf ein Minimum beschränkt werden, weil diese Personen fähig sein sollten, auch unter erschwerten Bedingungen einen befriedigenden Kontakt herzustellen. Bei Personen, die weniger Übung im Umgang mit anderen haben, liegt es an Ihnen durch vermehrte Aktivität deren anfängliche Unsicherheit abzubauen.

Objektive Auszählungen der von beiden Partnern gesprochenen Worte haben ergeben, dass der Anteil der Interviewenden im Durchschnitt bei 60% liegt und damit grösser ist als der Gesprächsanteil des Bewerbenden. Damit verringern sich die Beobachtungsmöglichkeiten beträchtlich. Achten Sie also darauf, die Gesprächsaktivität dem Bewerber zuzuspielen.

Fragen stellen

Fragen stellen ist das A und O des Vorstellungsgesprächs. Durch Fragen steuern Sie den Gesprächsverlauf. Fragen stellen heisst aber auch Interesse zeigen und gezielt auf einzelne Aussagen eingehen. Dadurch erreichen Sie die gesuchte Vertiefung des Gesprächs.

Die geeignetste Frageform sind offene Fragen. Es sind dies Fragen, welche meist mit «W» beginnen und sich nicht mit «ja» oder «nein» beantworten lassen. Es sind also Fragen mit «wie», «wer», «was», «welche» etc.

Praxis-Beispiel: Welche Weiterbildungen haben Sie besucht? Wie hat dies ihre Arbeitsweise verändert? Welches sind die Erwartungen an Sie an Ihrer heutigen Stelle? Was fällt Ihnen dabei leicht, was weniger?

Offene Fragen verlangen eine Strukturierung der Situation und bringen persönliche Erfahrungen, Gefühle, Ansichten, Werthaltungen, Beweggründe usw. zum Ausdruck.

Im Allgemeinen ist die erste Antwort unvollständig und relativ stereotyp. Durch Vertiefungsfragen fordern Sie die Bewerbenden auf die Aussage zu konkretisieren. Zu einer emotionalen Äusserung kann man weitere Erklärungen erbitten, um ein sachliches Bild zu bekommen.

Praxis-Beispiel: Sie erwähnten das schlechte Arbeitsklima, wie hat sich dies geäussert? Wie haben Sie darauf reagiert? Sie sagten «ehrgeizig», was meinen Sie damit? Sie sagten, Ihre Vorgesetzten seien sehr zufrieden mit Ihnen. Womit sind sie konkret zufrieden? Sie sagten, Sie haben viel profitiert. Was genau? Immer geeignet sind Fragen wie die folgenden:
Könnten Sie das noch etwas ausführen?
Könnten Sie das etwas konkretisieren?
Wie meinen Sie das? Haben Sie ein Beispiel dazu?

Der Erfolg eines Interviews hängt am stärksten von Ihrer Fähigkeit ab, an Aussagen und Stichworte der Bewerbenden anzuknüpfen. Mit viel Erfahrung gelingt es Ihnen, mit Fragen das Gespräch bis zu dem Punkt voranzutreiben, wo persönliche Einstellungen, Meinungen, Werthaltungen usw. sichtbar werden.

Wenig erfahrenen Interviewern gehen bald die Fragen aus. Das liegt daran, dass sie nicht gewohnt sind, auf die Aussagen der Bewerbenden Nachfragen zu stellen.

Praxis-Tipp: Nehmen Sie sich vor, auf jede Aussage der Bewerbenden mit einer Vertiefungsfrage zu reagieren, bis Sie den Eindruck haben, das wirklich Wichtige erfahren zu haben. Sie werden erleben, wie das Gespräch schnell an Tiefe gewinnt!

Es ist dies eine sehr konsequente Gesprächsführung in dem Sinne, als Sie keine Oberflächlichkeit zulassen. Sie lassen sich nicht mit Hinweisen abspeisen, sondern wollen konkrete Fakten, Erfahrungen und Einstellungen des Bewerbers kennen lernen.

Um die wichtigen Gesprächsthemen zu berühren, muss das Gespräch von Ihnen gesteuert werden. Dazu dient Ihnen der Gesprächsleitfaden. Dieser ist Ihr Gesprächsprogramm, das die wichtigen Punkte umfasst, die sie behandelt haben wollen. Je nach Kandidatin oder Kandidat und zu besetzender Stelle sind die einen oder anderen Punkte für Sie wichtiger und bedürfen einer eingehenderen, sorgfältigeren Behandlung, während andere vernachlässigt oder ganz weggelassen werden können.

Praxis-Tipp: Der Gesprächsleitfaden dient Ihnen als Checkliste, welche Sie flexibel handhaben. Sie stellen die Fragen dort, wo sie im Gesprächsverlauf hinpassen. Gegen Ende des Gesprächs überprüfen Sie, welche Elemente noch gar nicht berührt wurden und sprechen diese noch an.

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